
„Im Team wird das scheinbar Unmögliche machbar“
Patrick Bernatzky ist Mentalcoach im Spitzensport und Geschäftsführer des österreichischen Bundesnetzwerks Sportpsychologie. Im Apropos-Interview erzählt er, weshalb Zusammenhalt das Um und Auf ist – und was die Gesellschaft vom Sport lernen kann.
Titelinterview mit Patrick Bernatzky
von Monika Pink-Rank
Herr Bernatzky, was bedeutet Zusammenhalt für Sie als Sportpsychologe?
Für mich ist es immer ein Zusammenspiel von mehreren Personen, die unterschiedliche Stärken und klare Rollen haben, an denen man sich orientieren kann. Die einander vertrauen, gemeinsam durch Dick und Dünn gehen und lernen: Wie reagieren alle im System bei Niederlagen oder in einer Phase, wo es nicht so läuft? Bleibt da der Fokus erhalten auf unser Ziel, unsere Regeln, eine gute und förderliche Kommunikation oder kippt etwas und müssen wir daran arbeiten? Für einen guten Zusammenhalt braucht es eine Ziel-, Werte- und Stärkenorientierung.
Warum ist Zusammenhalt gerade im Sport so wichtig?
Es klingt zwar platt, aber es ist ein Fakt: Weil man zusammen mehr erreicht! Ich glaube der Sport zeigt auf, dass man immer Teil von einem Team ist – egal, ob im Einzel- oder Teamsport. Wenn du im Einzelsport zum Beispiel in einer Trainings-Gruppe dabei bist, wo man sich gegenseitig pusht, weil die anderen auch gut sind, ist das einerseits eine Konkurrenz, aber andererseits werden alle gemeinsam besser. Und in einem Sportteam hast du deine Team-Mitglieder, und wenn man einander unterstützt und füreinander statt gegeneinander spielt, dann hat das eine Wirkung auf die gesamte Gruppe. Mit Zusammenhalt, dem Glauben an das Ziel und dem Vertrauen: „Das geht noch irgendwie!“ wird einem Team das scheinbar Unmögliche machbarer.
Wie erreicht man diesen Zusammenhalt?
Du brauchst eine Vision und ein Ziel, an dem sich alle gemeinsam ausrichten. Das ist etwas, wo man viel Zeit investieren sollte. Im Sport ist es etwas einfacher, da setzt man sich Saison-Ziele zum Beispiel in Form einer Platzierung. Dazu gibt es Prozess- und Handlungsziele, die beschreiben: Auf welche Art und Weise wollen wir das machen? Welche Werte sind uns wichtig? Wie wollen wir zusammenarbeiten? Es ist essentiell, dass man das auch ausspricht und bespricht und dass diese Werte nicht nur am Papier stehen, sondern auch gelebt werden. Darauf basierend überlegt man, welche Qualitäten und Kompetenzen dafür nötig sind und kann diese entwickeln.
Und wer ist dafür verantwortlich, ob der Zusammenhalt funktioniert?
Jedes einzelne Team-Mitglied! Du brauchst schon jemanden, der die Aktivität immer wieder unterstützt. Das muss nicht immer die gleiche Person sein und darf eine Dynamik haben. Nehmen wir den Klassiker Fußball: Klar gibt es einen Kapitän, der immer wieder alle zusammenholt und Orientierung gibt. Trotzdem wird es in einem Spiel passieren, dass einmal der Spieler seinen Moment hat und dann der andere und alle anderen mitreißt. Oder dass einer einen emotionalen positiven Schwung gibt, wenn der andere nicht so gut drauf ist. Das macht ja den Teamspirit auch aus. Voraussetzung ist, dass Gleichberechtigung da ist, man die Qualitäten der anderen schätzt und wertschätzend agiert.