Ich bin Ion Ion und Apropos-Verkäufer
Lange habe ich mich bemüht, Verkäufer für Apropos zu werden, sicher zwei Jahre lang. Oft wurde ich enttäuscht, als man mir sagte, nein, es gibt schon zu viele Verkäufer. Dann hat es endlich geklappt und ich habe die Legitimation bekommen. Es ist ein gutes Gefühl, Apropos-Verkäufer zu sein. Vorher musste ich an einer Hausecke sitzen und betteln. Jetzt stehe ich aufrecht, sehe die Leute nicht mehr nur von unten, sondern kann ihnen direkt in die Augen schauen. Ich kann mich auch bewegen und habe nicht mehr so starke Rückenschmerzen.
Manchmal ist es allerdings auch schwierig, eine Zeitung zu verkaufen. Immer wieder höre ich „leider“, „tut mir leid“. Einige Zeit habe ich gerätselt, was das heißt, bis ich jemanden gefragt habe. Jetzt habe ich wieder ein bisschen Deutsch dazugelernt. Ich verstehe schon einiges und es macht mir Spaß, immer mehr Wörter und Sätze zu lernen. Ich glaube, ich verstehe schon viel, nur schreiben kann ich nicht gut. In Rumänien musste ich nach vier Jahren Schule arbeiten gehen. Meine Eltern brauchten das Geld.
Ich habe bei Bauern gearbeitet. Später habe ich mit Holz gearbeitet als Holzfäller. Im Wald habe ich gerne gearbeitet, aber momentan ist das schwierig in Rumänien. Lesen und Schreiben habe ich nicht viel können. Erst vor drei Jahren habe ich einen Kurs in Rumänien gemacht und vieles nachgelernt. Ich möchte nämlich den Führerschein machen, dazu brauche ich aber noch viel Geld. Meine Frau Elena war acht Jahre in der Schule, aber jetzt bin ich schon schneller im Lesen als sie. Wir haben vier Kinder im Alter von sieben bis zwölf Jahren, drei Jungen und das jüngste ist ein Mädchen. Alle gehen in die Schule, allerdings wegen Corona sehr wenig. Sie bekommen Bücher nach Hause und müssen selbst lernen. Das ist schwierig, denn wir haben nur zwei kleine Zimmer. Trotzdem lernen sie ganz gut. Der Zweitälteste ist super, ständig liest er. Und er kann den anderen schon helfen, auch mir. Er liest besser als ich. Die Kleine lernt gerade das Alphabet.
Wenn ich Apropos verkaufe, freue ich mich immer, wenn Leute mit mir sprechen. Einige sind schon gute Bekannte, die immer stehen bleiben und sich mit mir unterhalten. Ich habe bemerkt, dass ich Wörter und Sätze besser lerne, wenn ich sie höre. Ich schaue mir auch immer die Apropos-Zeitung durch und versuche zu lesen. Einige Wörter verstehe ich schon. Ich glaube, Apropos ist eine gute Zeitung. Ich wünsche mir, dass viel mehr Leute die Zeitung kaufen.
Meine Kinder hätten hier bessere Chancen, aber wir leben halt in Rumänien. Ich hoffe, dass sie dort auch einen Beruf lernen können, was gar nicht einfach ist. Ich freue mich jetzt schon wieder auf meine Familie.