Ein spontaner Ausflug


von Monika Fiedler

Ich blätterte gelangweilt die Reiseprospekte durch. In irgendeine schöne Ecke der Welt wollte ich auf Urlaub fahren. Am Hauptbahnhof schaute ich zum Schalterbeamten der ÖBB. Ich fragte nach Angeboten. Er sagte, er könne mir ein Reisezugangebot nach Berlin hin und retour für 100 Euro verkaufen, aber es müsste noch heute gebucht werden. Kurz entschlossen kaufte ich das günstige Bahnticket mit einmal Umsteigen in München. Am darauffolgenden Tag fuhr ich von Salzburg über München mit dem ICE nach Berlin. Als ich um 17 Uhr dort ankam, sah ich nur ein teures Ibis-Hotel, in dem ich mich nur kurz auf der Toilette frisch machte. Ich wusste von einem Jufa-Hotel an der Warschauer Straße, weil ich für eine Freundin dort einmal gebucht hatte. Ich nahm die S-Bahn dorthin. Das Hotel war aber zu, wegen Covid-19. Unweit davon setzte ich mich auf einen erhöhten Pflasterstein und schaute verdrossen vor mich hin. Aber nicht lange. Ich war nicht feig und fragte einen jungen Mann, ob er eine billige Jugendherberge wüsste. Beim vierten Berliner hatte ich Glück. Er schaute in sein Internet. Er rief bei zwei Herbergen an, die besetzt waren, bei der Dritten war noch etwas frei. Er schenkte mir auch noch 30 Euro, weil ich so eine liebe Frau sei. Ich bedankte mich und fuhr also mit der Straßenbahn zur Landsberger Allee. Dort zahlte ich nur 18 Euro pro Nacht im 6-Bett-Zimmer. Das Mehrbettzimmer hatte ich aber für mich alleine und eine Dusche war auch dabei. Die Herberge lag im ehemaligen DDR-Gebiet. Dort ist alles um ein Drittel billiger. Sogar Burger beim Burger King um die Ecke. Ich hatte nur 100 Euro mitgenommen und so machte ich mich auf die Suche nach der Berliner Straßenzeitung.

Das war gar nicht so einfach. Ich fuhr bis zum Checkpoint Charlie, dem ehemaligen Grenzübergang von DDR zu BRD, und fragte in einem Second-Hand-Shop nach dem Weg. Die halfen mir weiter. Schließlich fand ich die Straßenzeitungsausgabe von „Motz“ in einem kleinen Wohnwagen, mitten in der Stadt. Der Mann dort erklärte mir, dass es den früheren „Straßenfeger“ nicht mehr gebe. Jetzt würde die Straßenzeitung Motz verkauft, weil die staatliche Unterstützung fehlte. Er gab mir Zeitungen und ich verkaufte daraufhin auf dem Alexanderplatz die Berliner Motz. Ich bekam viel Trinkgeld und konnte gut davon leben und auch meine Herberge bezahlen. Ein irrer alter Herr hielt mir einen 100er hin. Ich blieb aber bei meinen Straßenzeitungsverkäufen. Ich wollte nicht in schlechte Kreise kommen. Weil in der Herberge auch Umbauarbeiten waren, verlangte der Herbergsbesitzer einmal nur 15 Euro pro Nacht. Ich blieb zwei Wochen in Berlin und selbstverständlich besichtigte ich auch alle wichtigen Plätze und Sehenswürdigkeiten während meiner Zeit dort.