The joy of moving forward

 

Das Erste, was mir an Peter Ifeanyi Ofonedu auffällt, ist sein Lächeln: leicht verschmitzt, sympathisch offen, beinahe kindlich. Sein ganzes Gesicht leuchtet auf, wenn er lächelt – und das tut er, wie ich bald merke, recht häufig.

 

von Natalie Zettl

 

Gleich, als wir uns im verabredeten Café treffen, schenkt er mir so ein Lächeln und bricht damit sofort das Eis zwischen uns, noch bevor wir uns an den Tisch setzen.

Dabei bin ich mit ehrgeizigen Plänen hergekommen: Peter wurde 2016 schon einmal interviewt und hat meiner Kollegin damals nicht erzählt, was der Grund für ihn war, von Nigeria nach Europa zu kommen. Ich habe die feste Absicht, ihm heute dieses Geheimnis zu entlocken – was mir allerdings nicht gelingt. Er spricht von schwierigen Verhältnissen in seinem Heimatland: der hohen Kriminalität, der Korruption, der Chancenlosigkeit: „Nigeria is a rich country, but with a poor mindset“ – also ein reiches Land mit einer armen Lebensauffassung. Alles weitere, was mit seiner Flucht nach Europa zu tun hat, verpackt er als „private Gründe, über die ich nicht sprechen will“.  Meine so entstandene Wissenslücke macht unser Gespräch jedoch nicht weniger wertvoll: Wir unterhalten uns über die Unterschiede zwischen Nigeria und Österreich, über den Glauben an Gott und über Peters ehrgeizige Pläne für die Zukunft.

Flucht ins Ungewisse

Peter Ofonedu ist seit sieben Jahren und fünf Monaten in Österreich – er kann das so genau sagen, weil seine Ankunft durchaus abenteuerlich war: Er kam über Griechenland und wollte eigentlich weiter nach Deutschland, denn davon hatte er schon gehört. Durch einen Fehler schickte man ihn aber weiter nach Österreich. Er lacht: „Ich hatte keine Ahnung, wo das ist. Ich kannte nur Australien und dachte mir, Mann, das ist jetzt aber schlecht. Das ist ja die ganz andere Richtung, da will ich nicht hin.“ Man erklärte ihm dann, wo Österreich lag und er trat die Weiterreise an – viele Wahlmöglichkeiten sah er ohnehin nicht.

In seiner ersten Zeit im Land lebte er in Hofgastein – was herausfordernd war: „Viele Menschen dort sprechen nicht Englisch oder wollten einfach nicht mit mir reden. Ich fühlte mich sehr isoliert.“

Bei der ersten Gelegenheit ging er daher nach Salzburg – aber auch dort fühlte er sich einsam: „Wenn man sein Heimatland so wie ich verlässt, hat man viel zu verarbeiten“, erklärt er. „Deine Gedanken rasen, den ganzen Tag. Du hast nichts zu tun, keinen Grund, aufzustehen, und meinst, es gibt keine Hoffnung.“ Doch dann fand Peter über eine Bekanntschaft zu Apropos und hatte plötzlich einen Grund, morgens aufzustehen: „Die Zeitung zu verkaufen, hat meinem Tag eine Struktur gegeben. Ich brauchte ja auch Geld und wusste morgens immer, ich muss jetzt los zum Arbeiten.“ Bereits nach kurzer Zeit hatte er Kontakte geknüpft: „Ich stand immer vor dem Lidl in der Sterneckstraße und habe die Leute kennengelernt, die dort einkaufen. Es sind ja meistens dieselben. Wenn ich einmal einen Tag nicht da war, habe ich gemerkt, dass sie mich vermissen.“

Apropos vermissen: Hat Peter Familie? Nein, lautet die Antwort, er sei ganz allein. Und als Nachsatz: „In Nigeria habe ich schon Mutter und Schwester, aber seitdem ich in Österreich bin, habe ich keinen Kontakt zu ihnen.“ Er überlege, wie er mit ihnen in Kontakt treten könnte, aber: „Es ist schwierig.“

Bleiben dürfen – das dauert

Ich frage, ob es hart war, ein dauerhaftes Bleiberecht zu erwirken, und er seufzt. Ja, das sei wirklich sehr schwer gewesen. Und teuer. Sein Asylantrag wurde mehrmals abgelehnt, aber er gab nicht auf: „Jeden Cent, den ich verdient habe, habe ich an Anwälte weitergegeben.“

Der Tiefpunkt seines Aufenthaltes in Salzburg war ein Unfall: Ein O-Bus fuhr ihn an, Peter brach sich das Bein und musste im Krankenhaus operiert werden. Die Wunde entzündete sich, der Genesungsprozess war sehr lang. „Aber um bleiben zu dürfen, muss man arbeiten. Deshalb war ich trotz Schmerzen schnell wieder auf den Beinen.“

Schließlich zahlten sich seine unermesslichen Anstrengungen aus: Peter erhielt den Asylbescheid positiv und darf nun endlich legal in Österreich leben und arbeiten.

Eine große Stütze war und ist ihm sein Glauben: Früher einmal wollte er sogar Priester werden – ein Wunsch, der damals an seinem andersgläubigen Vater scheiterte. Doch auch heute noch geht er regelmäßig zur Kirche. Dort hat er auch ein Netzwerk gefunden, mit vielen Menschen, die ihm auf seinem Weg unterstützen und ihn zur richtigen Zeit motivieren, nicht aufzugeben und immer weiterzumachen.

Große Pläne und viel Ehrgeiz

Mittlerweile ist Peter bei Freinbichler Logistik in Elixhausen angestellt, wo er von Montag bis Freitag arbeitet. Am Wochenende verkauft er noch immer Apropos – inzwischen auch manchmal am Café Tomaselli. Nur einen Tag in der Woche gönnt er sich als Freizeit, um Kraft zu tanken für die neue Woche.

Seinen Deutschkurs finanzierte sich Peter selbst, denn er wollte einen intensiven Kurs machen, um möglichst schnell zu lernen. Inzwischen spricht er Deutsch – hat aber, wie er sagt, Hemmungen, mit Österreichern Deutsch zu sprechen, denn: „Die reden so schnell. Und ich verstehe noch immer nicht alles. Aber ich übe.“ Unser Interview findet deshalb auf Englisch statt.

Für die Zukunft hat Peter große Pläne: Sobald er das Startkapital hat, möchte er ein eigenes Unternehmen gründen, das internationale Transportdienstleistungen bietet. Sein Lebensmotto beschreibt er als „the joy of moving forward“, also Freude durch die eigene Weiterentwicklung: „Ich hasse das Gefühl, stillzustehen. Ich möchte immer besser werden und mehr erreichen.“ Zudem ist ihm Frieden wichtig – und die Möglichkeit, anderen helfen zu können: Schon jetzt spendet er, wann immer möglich, einen Teil seines Einkommens für wohltätige Zwecke. Denn das gibt ihm Kraft und: „It makes me happy.“

Ich bin beeindruckt von dieser starken Persönlichkeit, die ich im Zuge dieses Interviews kennenlernen darf und überzeugt: Wenn es mehr Menschen wie Peter Ofonedu gäbe, wäre diese Welt ein besserer Ort.

Lieber Peter, ich wünsche Dir alles Gute für Deine Zukunft – ich bin sicher, mit deinem Ehrgeiz, deiner Motivation und deinen Werten wirst Du erfolgreich Deinen Weg gehen. Und wer weiß: Vielleicht verschicke ich ja einmal ein Paket über Dein zukünftiges eigenes Unternehmen „Peter Ofonedu Logistics“.