Freiwillig engagiert

Fast die Hälfte aller Österreicher*innen über 15 Jahre engagiert sich freiwillig. Der Tätigkeitsbereich erstreckt sich von gemeinnützigen Organisationen über Vereine und Nachbarschaftshilfe. Auch immer mehr Unternehmen machen mit und stellen ihren Beschäftigten für freiwilliges Engagement Arbeitszeit zur Verfügung. Diese Gelegenheit Gutes zu tun, habe ich beim Schopf gepackt.

von Eva Daspelgruber

Ein „Social Day“ mit meinen Kollegen steht heute am Programm. Den Arbeitstag werde ich also nicht im Büro, sondern im „Sozialen Wohnservice“ verbringen. Bereits am Morgen fuhren wir gemeinsam einkaufen. Drei Gänge für rund 30 Personen sollen wir in ein paar Stunden servieren – eine große Herausforderung. Ungefähr so groß wie die Schöpflöffel, die dort vorrätig sind.

Rund ein Drittel der Unternehmen stellt ihren Mitarbeiter*innen Zeit für soziales Engagement zur Verfügung – Tendenz steigend. Nach einer herzlichen Begrüßung und einer kurzen Besprechung machen wir uns ans Werk. Wir schälen und schneiden mit weißen Mützen am Kopf Unmengen von Gemüse, würzen in rauen Mengen, rühren und backen. Fast pünktlich lassen wir den Rollladen zur Essensausgabe hochgehen.

Hierzulande engagieren sich mehr als drei Millionen Menschen ehrenamtlich. Am häufigsten sind es Personen ab 50 Jahren, die unsere Gesellschaft mit freiwilliger Arbeit bereichern. Nicht immer sichtbar, aber unverzichtbar sind zum Beispiel die zahlreichen Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren und der Einsatzorganisationen wie Rotes Kreuz oder Samariterbund, die ihre Freizeit dem Gemeinwohl widmen.

Während ich Kartoffelsuppe in tiefe Teller schöpfe, erinnere ich mich an den Beginn meines ehrenamtlichen Engagements vor knapp fünf Jahren am Bahnhof. Ich hatte gelesen, dass Menschen ohne Verpflegung in Zügen sitzen, die von Ungarn nach Deutschland unterwegs waren. Nach einem Einkauf machte ich mich damals auf den Weg, traf Gleichgesinnte und half für ein paar Wochen mit. In dieser kurzen Zeit habe ich gelernt, dass freiwilliges Engagement nicht nur bedeutet etwas zu geben, sondern dass man ein Vielfaches zurückbekommt. Dankbarkeit, Wertschätzung, neue Erfahrungen und Kontakte sind der Lohn, den Ehrenamtliche aus eigener Sicht erhalten.
Die Suppenteller werden retourniert, jetzt gibt es Chili con Carne. Wieder versinke ich in Gedanken. Meine nächste Station war ein ehemaliges Lehrlingsheim, das als Unterkunft für eine Nacht diente. Hier teilte ich den müden Menschen Zimmer zu und stellte neue Kleidung zur Verfügung. Obwohl es oft spät wurde, ging ich immer mit dem Gefühl ins Bett, etwas sehr Sinnvolles getan zu haben. Ich kann der Glücksforschung aus eigener Erfahrung beipflichten: Ehrenamt ist mit einer höheren Lebenszufriedenheit und einer positiven Grundstimmung verbunden. Zwei Dinge, die wir brauchen, um uns glücklich zu fühlen. So wie ich jetzt hier.

Der Apfelkuchen ist dran. Genau nach diesem Rezept habe ich auch an jenem Nachmittag gebacken, als ich mit meinem „Sprachcafé“ startete, um geflüchteten Menschen dabei zu helfen, meine schwierige Muttersprache zu erlernen. Mehr als ein Jahr trafen wir uns wöchentlich. Manchmal war auch meine kleine Tochter dabei, deren Horizont ebenso erweitert wurde wie meiner. Nach jedem Termin fühlte ich mich wunderbar. „Helper’s high“ wird dieser positive emotionale Zustand genannt, der durch die Ausschüttung von „Glückshormonen“ in uns erzeugt wird.

Sehr wichtig ist, dass Helfer*innen ihre eigenen Grenzen nicht übersehen und gut auf sich und ihre Ressourcen achten. Wenn Geschichten zu nahegehen oder es zu wenig Zeit zum Ausrasten und Energietanken gibt, kann mitunter auch der Helfende selbst Hilfe brauchen. Dann ist es gut, eine Pause einzulegen und sich Unterstützung zu holen.

„Ein Lob an die Küche – gut war’s!“, ruft ein älterer Herr von draußen rein und reißt mich aus meinen Gedanken. Eine preisgekrönte Haubenköchin würde sich in diesem Moment nicht besser fühlen, da bin ich sicher. <<