Zweite Chance für Menschen und gute Stücke
Einkaufen für kleines Geld und mit gutem Gewissen. Möglich machen das ökosoziale Secondhandshops. Was dahintersteckt? Ein Lokalaugenschein in zwei TAO-&-Mode-Circel-Läden in der Stadt Salzburg.
von Sandra Bernhofer
Wenn der Laster des Entrümplungsdienstes in der Roseggerstraße in Salzburg-Lehen anrollt, heißt es für die 13 TAO-Mitarbeiter anpacken: Tische, Betten und Bilder müssen von der Ladefläche in den Verkaufsraum gehievt und aufgestellt werden. Und das im Eiltempo. Gerade zu Monatsbeginn siedeln viele Menschen, beauftragen den TAO-Abholservice oder bringen selbst Kofferraum um Kofferraum voll Hausrat vorbei. Wohlstandsmüll, der für andere zum Schatz werden kann. „Wir wissen nie, was kommt, wann es kommt oder wie viel es sein wird. Da müssen wir schnell reagieren“, erzählt Oktei Eghbal-Ketabtchi. Er ist Verkaufsleiter im TAO in der Roseggerstraße, einer von drei Standorten in der Stadt Salzburg. Ein weiterer dieser Secondhandäden steht in Hallein, dazu kommen die beiden „fesch’n & steil“-Filialen in Zell am See und Saalfelden. Sie alle sind Teil der Soziale Arbeit gGmbH.
„Salzburg ist eine wohlhabende Stadt“, sagt Eghbal-Ketabtchi, der bereits andernorts in ähnlichen Betrieben tätig war. „Das merkt man an der hohen Qualität der Waren.“ Alles, was auf den 400 Quadratmetern Verkaufsfläche auf einen neuen, guten Platz wartet, kommt aus Wohnungsauflösungen und Spenden. Für 10 Cent findet man in der Abteilung für Klimbim zum Beispiel Porzellanschweine, ab 40 Euro kann man Schränke erstehen, ab 60 Betten inklusive Matratze und Lattenrost. In Lagern: kistenweise Bücher, säckeweise Kleidung, die immer dienstags und donnerstags aus dem Lager in der Teisenberggasse geliefert wird. Dort wird der Inhalt der 95 Altkleidercontainer in Salzburg und Umgebung vorsortiert. Ware, die bei uns unverkäuflich ist, geht zum Export an Großhändler, Ausschuss wird zu Putzlappen verarbeitet. Der größte Teil aber landet in den Regalen und auf den Kleiderbügeln der TAO-Läden.
„Für viele unserer Kunden passt unser Sortiment einfach besser zu ihrem Budget“, sagt Eghbal-Ketabtchi. Spürbar ist Corona: Am Tag der Wiedereröffnung, nach den Lockdown-Lockerungen Anfang Februar stieg der Umsatz in der Roseggerstraße kurz auf das Fünffache. Genauso wichtig ist dem Großteil der Kunden aber der Nachhaltigkeitsaspekt, weiß der Lehener Shop-Leiter. Die Textilindustrie ist längst zu einem Motor der Klimakrise geworden: Alle zwei Wochen werfen die großen Ketten eine neue Kollektion auf den Markt. Das Resultat: 1,2 Milliarden Tonnen CO 2-Ausstoß, jedes Jahr, von den Auswirkungen von Pestiziden und Mikroplastik ganz zu schweigen. Mit jedem neu gekauften oder achtlos weggeworfenen Kleidungsstück schaden wir unserem Planeten. Immer mehr Menschen wollen das nicht länger mittragen und setzen auf Qualität und Nachhaltigkeit. Und damit auch auf Vintage-Mode. Laut dem Marktforschungsinstitut Global Data soll sich der globale Umsatz in diesem Sektor in den kommenden drei Jahren auf 52 Milliarden Euro fast verdoppeln.