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  1. NOVEMBER 2020
  2. Kann ich, soll ich, will ich, muss ich pflegen?

Kann ich, soll ich, will ich, muss ich pflegen?

 

Die Antworten auf diese Fragen können ein Wegweiser sein, um sich als pflegende Angehörige zurechtzufinden. Ein Gespräch mit Anita Hofmann, Leiterin der Fachstelle für pflegende Angehörige der Caritas Salzburg, über die Voraussetzungen für gelingende Pflege, den Fokus auf schöne Augenblicke und darüber, was wir von alternden Menschen lernen können.

Titelinterview mit Anita Hofmann
von Magdalena Lublasser-Fazal

Mit der steigenden Lebenserwartung unserer Gesellschaft gewinnt Ihr Berufsfeld zunehmend an Bedeutung. Wie sieht Ihre Arbeit konkret aus?
Anita Hofmann: Wir versuchen durch verschiedene Projekte und Angebote, pflegende Angehörige zu unterstützen und zu entlasten. Ein großes Anliegen ist uns auch die Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit zu Themen, die pflegende Angehörige betreffen, etwa auf das Thema Demenz. Da gibt es die „demenzfreundliche Stadt Salzburg“ durch die Initiative von Anja Hagenauer, Stadträtin für Soziales, gemeinsam mit dem Diakoniewerk und anderen Kooperationspartnern mehrere Projekte für Betroffene und Angehörige umsetzen. Unser Anliegen ist es, Demenz zu verstehen und einen respektvollen Umgang mit Betroffenen in der Gesellschaft zu fördern. Wir leisten auch Aufklärungsarbeit an Schulen, wie mit unserem „dement, aber nicht deppert“-Workshop-Angebot. In ländlichen Regionen versuchen wir dort, wo Bedarf besteht, das bestehende Angebot durch Beratungsstellen zu ergänzen, wie kürzlich in Thalgau mit der Eröffnung der Servicestelle Senioren.

Wer ist „pflegender Angehöriger“?
Anita Hofmann: Meist ist eine Frau die pflegende Angehörige. Ich selbst bin mit diesem Begriff nicht ganz zufrieden. Wenn Menschen diese Aufgabe übernehmen, tun sie so viel mehr als pflegen. Das englische Wort „caring“ trifft es aus meiner Sicht viel besser, da ist dieses Liebevolle und Begleitende spürbar. Die Abgrenzung, wer pflegende Angehörige ist oder nicht, fällt oft schwer, daher gibt es auch je nach Studie unterschiedliche Zahlen. In vielen Familien verläuft der Übergang zur regelmäßigen Betreuung schleichend – da unterstützt man die Mama beim Einkauf oder fährt sie zum Arzt. Nach und nach übernimmt man dann Aufgaben, die sie selbst nicht mehr alleine erledigen kann. Diese Unterstützung wird oft von beiden Seiten über längere Zeit als selbstverständlich angesehen. In anderen Situationen kommen Angehörige quasi über Nacht in diese Rolle – etwa wenn es darum geht, ein Familienmitglied nach einem Unfall oder einem Schlaganfall zu pflegen.

Mit welchen Herausforderungen müssen pflegende Angehörige zurechtkommen?
Anita Hofmann: Einerseits ist da die Mehrfachbelastung, die zu den anderen Aufgaben im eigenen Leben hinzukommt. Pflegende Angehörige sind häufig mit Überforderung, Hilflosigkeit, Einsamkeit, Wut, Ärger und damit verbunden auch ganz häufig mit eigenen Schuldgefühlen konfrontiert. Das finanzielle Thema spielt natürlich auch oft eine Rolle. Wenn man etwa als pflegende Angehörige den Beruf aufgeben muss, steckt man schon ziemlich zurück. Immer wieder erlebe ich auch, dass sich Familienkonflikte, die bereits seit Jahren bestehen, verstärken. Dazu gehören etwa Geschwisterrivalitäten oder unausgesprochene Themen zwischen Eltern und Kindern. Pflege müsste auf verschiedene Schultern verteilt werden.

Wie kann das konkret aussehen?
Anita Hofmann: Meist gibt es eine Hauptpflegeperson. Um diese zu entlasten wäre es sinnvoll, andere Familienmitglieder und nahestehende Bekannte mit einzubeziehen. Es kann sehr hilfreich sein, sich umzusehen und zu überlegen: Wer kann welche Aufgabe übernehmen? Wie können wir das koordinieren? Dann wären die Aufgaben besser verteilt und die Hauptpflegeperson hätte wieder mehr Raum für sich, zum Durchschnaufen und Krafttanken.

Welche Fragen stellen sich Betroffene?
Anita Hofmann: Ob ein Angehöriger zu Hause gepflegt wird oder nicht ist ein schwieriges Thema in vielen Familien. Da gibt es keine pauschalen Lösungsvorschläge. Zur eigenen Reflexion kann es hilfreich sein, sich selbst zu fragen: „Kann ich, will ich, soll ich, muss ich pflegen?“ „Kann ich“ meint damit, ob ich das nötige Wissen habe, um etwa adäquat mit der Demenzerkrankung des Partners umzugehen, oder die richtige Technik kenne oder erlernen kann, um die Mutter aus dem Rollstuhl ins Bett zu heben. In diesem Punkt können spezielle Ausbildungen wie zum Beispiel unser Kurs für Angehörige von Menschen mit Demenz nach dem Modell EduKation® sehr hilfreich sein. Bei der Frage „will ich“ pflegen geht es um die persönliche Haltung: Möchte ich etwa meine Eltern pflegen, weil es mir ein Anliegen ist? Viele Pflegende haben das Gefühl, dass sie ihren Eltern durch die Begleitung im Alter etwas an erlebter Fürsorge zurückgeben können. Im Hinblick auf „soll ich“ geht es um moralische Standards und Erwartungen, die unsere Gesellschaft mit sich bringt. Wenn ich mich hauptsächlich aus diesem Grund für eine Pflege zu Hause entscheide, kann es sehr schwierig werden. Und schließlich „muss ich“ pflegen – dieser Punkt verliert zwar zunehmend an Bedeutung, doch gerade im ländlichen Raum kommt es noch immer vor, dass Kinder die Pflege übernehmen müssen, weil diese vertraglicher Bestandteil der Erbfolge ist.

Sie sprechen eine Rollenumkehr an: Eltern werden von ihren Kindern gepflegt.
Anita Hofmann: Es ist für alle Betroffenen ungewohnt, mit dieser Veränderung umzugehen. Denn bisher war es in den Familien so, dass die Eltern für die Kinder da waren, sie großgezogen und im Verlauf ihres Lebens unterstützt und begleitet haben. Wenn es zur Pflege kommt, kehrt sich dieses Verhältnis um. Kinder übernehmen dann nach und nach mehr die Verantwortung und die Unterstützung für ihre Eltern. Erst waren die Eltern die Starken, nun benötigen sie zunehmend Schutz und Zuwendung.

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