Zusammenkommen im Neustart-Saftladen

Recht unauffällig reiht sich das Haus in der Schallmooser Hauptstraße an seine Nachbarhäuser. Menschen gehen ein und aus, verweilen darin. Sie haben hier einen Ort, an dem sie nicht konsumieren müssen, um akzeptiert zu werden. Der Neustart-Saftladen ist eine Einrichtung, in die Menschen auf der Suche nach Aufenthalt und Struktur kommen können. „Bei uns ist ganz klar jede und jeder willkommen, die und der sich an unsere Regeln hält“, erklärt Susanne Hummel-Lirsch, eine der fünf Sozialarbeiter*innen des Neustart-Saftladens. Insbesondere richtet sich das Angebot an Obdachlose, Arbeitslose, Straffällige, Menschen in Notlagen sowie solche mit psychischen Erkrankungen und Suchtproblematik. „Es sind jedoch durchaus auch Menschen, die im Berufsleben stehen oder Pensionistinnen und Pensionisten.“

Dabei braucht es ausdrücklich kein konkretes Anliegen oder Problem, um die Einrichtung zu besuchen. „Es soll ein Raum sein, in dem man das Miteinander und die Geselligkeit genießen kann, eine Tagesstruktur durch die Mahlzeiten und Aktivitäten erhält. In dem mit der Zeit auch Freundschaften entstehen können.“ Betreut wird die Einrichtung stets von zwei Sozialarbeiter*innen. Zwei, weil es dann doch immer wieder vorkommt, dass jemand ein Problem hat und sich zu einem Krisengespräch zurückziehen möchte. „Wir arbeiten eng mit der Sozialberatung, mit dem Sozialamt und mit dem AMS zusammen und unterstützen Menschen dabei, ihre Probleme zu lösen“, erklärt Hummel-Lirsch. „Wichtig ist uns, ressourcenorientiert zu arbeiten. Also die Fähigkeiten und Möglichkeiten eines Menschen zu erkennen und ihm dabei zu helfen, diese auszuschöpfen, um sich integrieren und die eigenen Probleme lösen zu können.“

Im Neustart-Saftladen gibt es zwei klare Regeln: keine Gewalt und keine Suchtmittel. Ebendas sei entscheidend für alle Menschen, die eine Suchtproblematik mit sich tragen. „Hier kommen sie nicht in Versuchung, weil auch zu einem Geburtstag nicht mit einem Glaserl Sekt angestoßen wird, sondern mit einem Kaffee“, beschreibt Hummel-Lirsch. Durchschnittlich hat die Einrichtung 95 Besucher*innen, 80 Prozent sind dabei Männer. Gerade im Winter verlängert sich die Aufenthaltsdauer der Gäste. „Im Sommer kann man sich draußen hinsetzen. Das gestaltet sich in der kalten Jahreszeit schon deutlich anders.“ Nicht selten fliehen die Gäste der sozialen Einrichtung vor den prekären Zuständen in ihrem Zuhause – oder aber, sie haben gar kein Dach über dem Kopf.

Konsumieren kann man sehr wohl auch im Neustart-Saftladen. Die Preise sind jedoch so gehalten, dass sich auch Menschen mit kleinerem Geldbörserl Essen und Getränke leisten können. „Es geht uns dabei sehr um den Selbstwert der Menschen. Wir leben in einer Konsumgesellschaft, und wenn etwas nichts kostet, dann wird es womöglich automatisch als Almosen wahrgenommen.“ Regelmäßig veranstalten die Mitarbeiter des Neustart-Saftladens verschiedene Aktionen. So geht es unter anderem drei bis viermal in ein Museum und einmal im Jahr zum großen Neustart-Saftladen-Ausflug. Dabei wird immer darauf geachtet, dass jede*r teilnehmen kann, so auch die Gäste im Rollstuhl. Auch Kartenspiele sowie der Billardtisch, Tischtennistisch und Kickertisch werden gerne und oft in Anspruch genommen.

Kürzlich feierte der Neustart-Saftladen sein 40-jähriges Jubiläum. „Ich glaube dass der Neustart-Saftladen für sehr viele Menschen ein wichtiger Ort ist“, beschreibt Hummel-Lirsch“, „der eine findet hier die Rettung vor der Einsamkeit, der andere Unterstützung, den nächsten Schritt in seinem Leben zu gehen.“