Telefonseelsorge Salzburg: Ein offenes Ohr – rund um die Uhr

Advent, Weihnachten, Jahreswechsel: Zeit zum Innehalten, Zeit für Familie und Freunde, Zeit für Besinnung. Doch was ist, wenn man keine Familie hat, wenn das ganze Leben sinnlos scheint, während die Welt um einen herum im weihnachtlichen Lichterglanz erstrahlt?

von Ulli Hammerl

Unter 142 – der Nummer der Telefonseelsorge – gibt es immer Menschen, die zuhören: egal, wie groß oder klein, wie unscheinbar oder unüberwindbar eine Krise ist. Egal, ob um 3 Uhr nachts oder um 15 Uhr nachmittags, egal, ob rund um die Weihnachtsfeiertage oder an einem lauen Sommerabend. Die Telefonseelsorge ist an 365 Tagen rund um die Uhr für die Sorgen und Nöte aller da.

„Menschen aus allen Bereichen und Lebenslagen rufen bei uns an. Das kann der Obdachlose genauso sein wie der ausgebildete Arzt, der scheinbar mit beiden Beinen im Leben steht“, erzählt Marlene Korsin, die die Telefonseelsorge zusammen mit Michaela Koller seit 1. September 2025 leitet. Auch sämtliche Einrichtungen und Krankenhäuser verweisen immer wieder Klienten und Klientinnen an die Telefonseelsorge.

Häufige Themen sind Einsamkeit, Beziehungsprobleme, Krankheiten, aber auch Suizidgedanken. Im Herbst, wenn es früher dunkel wird und sich das Leben stärker nach innen verlagert, nehmen die Anrufe zu. Neben telefonischer Beratung kann man sich auch per E-Mail, WhatsApp oder im Chat an die Mitarbeitenden wenden. Gearbeitet wird in fünf Schichten, sodass telefonisch Tag und Nacht jemand erreichbar ist. Das Angebot des Chats läuft von 16 bis 23:00 Uhr.

120 ehrenamtliche Telefonseelsorger

Die Einrichtung besteht aus einem Team ehrenamtlicher Mitarbeitender: 90 Personen am Standort Salzburg, 30 in den Außenstellen Pinzgau und Lungau. Unter dem gemeinsamen Dach sitzt außerdem die kids-line, die mit etwa 100 Ehrenamtlichen Kindern und Jugendlichen zuhört. 

Prinzipiell kann jede und jeder mitarbeiten. Voraussetzung ist eine 14-monatige Ausbildung, denn die Themen der Anrufenden sind – wie man sich vorstellen kann – nicht immer die leichtesten. Da braucht es schon gutes „Werkzeug“, um passend reagieren zu können. Neben praktischen Fähigkeiten wie der „Kunst der Gesprächsführung“, Krisenintervention oder der Wissensvermittlung über Beratungsthemen wird auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit gefordert.

Wer danach in den Telefonseelsorge-Dienst einsteigt, verpflichtet sich zu mindestens zwei Jahren Mitarbeit, etwa 12 Stunden Dienst pro Monat, mit freier Zeiteinteilung. Einmal im Monat findet Supervision statt, regelmäßige Weiterbildung gehört dazu.

Reden und Zuhören

„Die Gespräche dauern von zehn Minuten bis zu eineinhalb Stunden“, berichtet Marlene Korsin von der täglichen Arbeit. Sich Zeit nehmen, auch wenn vielleicht schon der nächste Anrufer in der Leitung wartet, jeden Anrufer und jede Anruferin ernst nehmen, jedem im Gespräch mit Respekt begegnen – das sind die Schlüssel für ein sinnstiftendes, nachhaltiges Gespräch. „Es ist nicht immer leicht, abzuwägen, ab wann man als Berater:in ein Telefonat behutsam beenden kann. Aber auch das lernt man nicht nur in der Ausbildung, sondern mit zunehmender Erfahrung.“

Manche Menschen fühlen sich schon nach einem Anruf wieder bereit für den Alltag. Viele rufen aber immer wieder an – oftmals nur, weil sie sich einsam fühlen und jemanden zum Reden brauchen. „Natürlich gibt es auch Fälle, bei denen wir als Berater:innen gefordert sind – viele unserer Anrufer:innen sprechen offen aus, dass sie nicht mehr leben wollen“, so Korsin. Die Telefonseelsorge arbeitet hier mit einem Netzwerk zusammen, um Menschen notfalls an Einrichtungen zu verweisen, wo sie sich professionelle Hilfe holen können.

„Es ist wichtig, dass man trotz allem Einfühlungsvermögen nicht das Gefühl hat, die Verantwortung für den Gesprächspartner übernehmen zu müssen.“

Rettungsanker

2024 zählte die Telefonseelsorge in Salzburg rund 16.000 Anrufe, 206 Mail- und 270 Chatberatungen. In der kids-line gingen 2024 circa 45.000 Chats und 16.000 Telefonate ein.

Für viele ist die Telefonseelsorge ein Rettungsanker in dunklen Zeiten. Für manche ein vertrautes Ohr in der Einsamkeit. Und für alle ein Ort, an dem man gehört wird – ohne Urteil, ohne Kosten, ohne Voranmeldung.

Denn manchmal braucht es nur jemanden, der zuhört.