Rückzug ins Idyll 

 

Aus einem Garten dröhnt gerade der Rasenmäher, die Nachbarin von nebenan zupft Unkraut aus dem Gemüsebeet, eine Parzelle weiter spielen Kinder kreischend im Planschbecken. Sich nur die Sonne auf den Bauch scheinen lassen – damit ist es im Schrebergarten nicht getan.

 

von Sandra Bernhofer

 

„Im Gegenteil: So ein Garten ist ja mit Arbeit verbunden“, sagt Johann Petschnig. Da gibt es die Setzzeit im Frühling, die Erntezeit im Herbst und dazwischen muss der Garten gepflegt werden. Petschnig ist einer, der weiß, wovon er spricht. Er verbringt den inzwischen 28. Sommer in der Leopoldskroner Kleingarten-Anlage, eine von insgesamt sieben in der Stadt Salzburg. Außerdem ist Petschnig Präsident des Salzburger Landesverbands der Kleingärtner:innen.

Wer selbst Lust auf den Rückzug ins Idyll hat, braucht Geduld. „Die Coronazeit hat alles verändert“, erzählt Petschnig. „Plötzlich sind die Gärten auch für die Jungen interessant geworden. Als es nicht mehr möglich war herumzufliegen, war der Kleingarten plötzlich das El Dorado schlechthin. Die Kinder oder Enkerl haben die Familien-Gärten übernommen.“ Viele haben in dieser Zeit kurzerhand auch das Homeoffice in den Garten verlegt. Dementsprechend sind die Wartezeiten inzwischen sehr, sehr lang. Zwischen sieben und zehn Jahren dauert es, bis man die Schaufel im eigenen Kleingarten schwingen kann. Kein Wunder: Seine Parzelle gibt keine:r gerne mehr her. Einer von Petschnigs Nachbar:innen etwa ist seit 65 Jahren Schrebergärtner: Er ist hier groß geworden, der Vater war Gründungsmitglied der Vereins.

Homeoffice ist für Petschnig übrigens kein Thema mehr. Er ist pensionierter Polizist. Damit hat er genug Zeit, hingebungsvoll zu garteln. Gemüse, Gurken, Tomaten und Paprika pflanzt er gemeinsam mit seiner Frau auf der Parzelle an, genauso wie Blumen, manchmal auch Salat. „Im Sommer bin ich so gut wie jeden Tag hier, auch bei Regen. Denn im Kleingarten ist es immer schön“, ist er überzeugt. Und weit hat er es auch nicht: Zehn Minuten radelt er von seinem Zuhause in der Alpenstraße in die Gartensiedlung in Leopoldskron.

Eigenes Obst und Gemüse anbauen – das war der Grundgedanke bei der Entstehung vieler Kleingärten. Heute liegt der Schwerpunkt nicht mehr auf der Selbstversorgung. Längst hat die Erholung oberste Priorität. Immer öfter dominieren Pool und Rasen statt Obstbaum und Gemüsebeet die zwischen 200 und 450 Quadratmeter großen Parzellen. Grundsätzlich sei das Verhältnis zu den Nachbar:innen angenehm, sagt Petschnig: „Man versteht sich untereinander und hilft sich auch gegenseitig aus, etwa wenn es darum geht, die Hecken zu schneiden oder wenn es darum geht, das Vereinshaus und die WC-Anlagen zu putzen.“

Nachdem immer mehr junge Familien ihr Glück im Gartenparadies suchen, kann es schon einmal lauter zugehen. „Da gibt es natürlich manchmal Konflikte“, erzählt Petschnig. Genauso, wenn Äste aus dem Nachbarsgarten ins eigene Grundstück ragen. „Dann sind die Funktionäre als Streitschlichter gefordert.“ Regeln gibt es – und jeder Neuankömmling erhält die Gartenordnung: keine Nadel- und Nussbäume, maximale Wuchshöhe von vier bis fünf Metern, bei Hecken eineinhalb Meter – schließlich soll man mit den Nachbar:innen plaudern können. Ganzjähriges Wohnen ist nur in Wien fallweise erlaubt. In Salzburg dürfen die Gartenhäuschen nicht größer als 14 Quadratmeter sein, eine überdachte Veranda mit höchstens 10 Quadratmeter kann dazukommen.

Petschnig jedenfalls möchte seinen Schrebergarten nicht missen. „Man behält den Garten so lange wie möglich, aber wenn es an der Zeit ist, muss man ihn auch aufgeben können.“ Die Nachfolge ist in seinem Fall nicht geregelt, denn alle seine Kinder sind aufs Land gezogen und haben dort eigene Gärten. Jemand von der Warteliste wird sich freuen. Wenn es denn so weit ist, wird ein Schätzmeister den Wert von Petschnigs Parzelle bestimmen. Mit 5.000 bis 35.000 Euro an Ablöse muss der Nachpächter dann rechnen, je nach Zustand der Anlage.