
Kein Licht am Ende des Tunnels
Er war Lkw-Fahrer, Bestatter und Sanitäter. Nach einem Studium der Psychologie ist der Linzer Martin Prein nun als Thanatologe tätig. Im Interview mit Georg Wimmer spricht er über Tabus, Nahtod-Erfahrungen und das ewige Leben. Und er erklärt, warum uns die Angst vor dem Tod verführbar macht.
Titelinterview mit Martin Prein
von Georg Wimmer
Herr Prein, im Deutschen kennen wir ungefähr 500 Formulierungen rund um das Wortfeld Tod. Vom Sensenmann über die „Radieschen von unten“ anschauen bis hin zum „Löffel abgeben“. Was sagt uns das?
Martin Prein: Diese Umschreibungen sind wahrscheinlich ein Versuch, den Schrecken in Worte zu fassen und des Traumatischen des Todes sprachlich habhaft zu werden. Deshalb begegnen wir dem Tod auch mit frechen Worten, in Wien heißt es zum Beispiel „sich den Arsch auskegeln“. So wollen wir den Tod entmachten und lächerlich machen. Zynismus und Sarkasmus dienen oft der Abwehr von Hilflosigkeit.
Ihre Berufsbezeichnung ist Thanatologe, abgeleitet von Thanatos, dem Gott des Todes aus der griechischen Mythologie. Sind Sie mehr Wissenschaftler oder mehr Berater?
Martin Prein: Als Psychologe bin ich wissenschaftlich ausgebildet. Die Thanatologie ist genau genommen die Wissenschaft vom Tod, der Sterblichkeit und der Bestattung in ihren psychologischen und soziologischen Aspekten. Es gibt aber keine Ausbildung und keinen Lehrstuhl für den Umgang mit dem Tod.
Sie bieten sogenannte „Letzte-Hilfe-Kurse“ an. Was kann ich bei Ihnen lernen?
Martin Prein: Da geht es zum Beispiel darum, wie man in Krisensituationen gut reagieren kann. Die Begleitung von Angehörigen, die einen Todesfall erlebt haben, ist ein Thema. Ich mache auch viele Vorträge für Arbeitskräfte in Leichenberufen wie Sanitäter*innen oder Bestatter*innen.
Sie waren selbst Bestatter und haben da sicher unser zwiespältiges Verhältnis zum Tod zu spüren bekommen. Einerseits sind wir fasziniert und hören gerne Geschichten dazu. Andererseits gibt’s den Ekel und den Schrecken vor dem Tod, sodass man einem Bestatter möglicherweise aus dem Weg geht.
Martin Prein: Als Bestatter habe ich es tatsächlich erlebt, dass mir manche Leute zur Begrüßung die Hand nicht gegeben haben. Das hat mit dem Leichentabu zu tun, das ist in erster Linie ein Berührungsverbot. Dahinter steckt die Vorstellung, man könnte durch die Berührung eines Verstorbenen die Gefahr des Todes auf sich ziehen.
Ist der Tod tatsächlich ein Tabu, wie immer behauptet wird? In Fernsehserien wird gemordet und gestorben auf Teufel komm raus. Es gibt Regale voller Ratgeber-Literatur, es gibt Trauer-Seminare. Kann man da noch behaupten, dass wir als Gesellschaft den Tod verdrängen?
Martin Prein: Dass der...