
Kann ich, soll ich, will ich, muss ich pflegen?
Die Antworten auf diese Fragen können ein Wegweiser sein, um sich als pflegende Angehörige zurechtzufinden. Ein Gespräch mit Anita Hofmann, Leiterin der Fachstelle für pflegende Angehörige der Caritas Salzburg, über die Voraussetzungen für gelingende Pflege, den Fokus auf schöne Augenblicke und darüber, was wir von alternden Menschen lernen können.
Titelinterview mit Anita Hofmann
von Magdalena Lublasser-Fazal
Mit der steigenden Lebenserwartung unserer Gesellschaft gewinnt Ihr Berufsfeld zunehmend an Bedeutung. Wie sieht Ihre Arbeit konkret aus?
Anita Hofmann: Wir versuchen durch verschiedene Projekte und Angebote, pflegende Angehörige zu unterstützen und zu entlasten. Ein großes Anliegen ist uns auch die Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit zu Themen, die pflegende Angehörige betreffen, etwa auf das Thema Demenz. Da gibt es die „demenzfreundliche Stadt Salzburg“ durch die Initiative von Anja Hagenauer, Stadträtin für Soziales, gemeinsam mit dem Diakoniewerk und anderen Kooperationspartnern mehrere Projekte für Betroffene und Angehörige umsetzen. Unser Anliegen ist es, Demenz zu verstehen und einen respektvollen Umgang mit Betroffenen in der Gesellschaft zu fördern. Wir leisten auch Aufklärungsarbeit an Schulen, wie mit unserem „dement, aber nicht deppert“-Workshop-Angebot. In ländlichen Regionen versuchen wir dort, wo Bedarf besteht, das bestehende Angebot durch Beratungsstellen zu ergänzen, wie kürzlich in Thalgau mit der Eröffnung der Servicestelle Senioren.
Wer ist „pflegender Angehöriger“?
Anita Hofmann: Meist ist eine Frau die pflegende Angehörige. Ich selbst bin mit diesem Begriff nicht ganz zufrieden. Wenn Menschen diese Aufgabe übernehmen, tun sie so viel mehr als pflegen. Das englische Wort „caring“ trifft es aus meiner Sicht viel besser, da ist dieses Liebevolle und Begleitende spürbar. Die Abgrenzung, wer pflegende Angehörige ist oder nicht, fällt oft schwer, daher gibt es auch je nach Studie unterschiedliche Zahlen. In vielen Familien verläuft der Übergang zur regelmäßigen Betreuung schleichend – da unterstützt man die Mama beim Einkauf oder fährt sie zum Arzt. Nach und nach übernimmt man dann Aufgaben, die sie selbst nicht mehr alleine erledigen kann. Diese Unterstützung wird oft von beiden Seiten über längere Zeit als selbstverständlich angesehen. In anderen Situationen kommen Angehörige quasi über Nacht in diese Rolle – etwa wenn es darum geht, ein Familienmitglied nach einem Unfall oder einem Schlaganfall zu pflegen.
Mit welchen Herausforderungen müssen pflegende Angehörige zurechtkommen?
Anita Hofmann: Einerseits ist da die Mehrfachbelastung, die zu den anderen Aufgaben im eigenen Leben hinzukommt. Pflegende Angehörige sind häufig mit Überforderung, Hilflosigkeit, Einsamkeit, Wut, Ärger und damit verbunden auch ganz häufig mit eigenen Schuldgefühlen konfrontiert. Das finanzielle Thema spielt natürlich auch oft...