
Immer unterwegs zwischen zwei Welten
Fünfzehn Stunden – so lange dauert die Fahrt zwischen ihrem Dorf nahe Piteşti im Süden Rumäniens und Salzburg. Bittere Armut fernab von einem modernen Europa dort, das Land aller Möglichkeiten hier …
von Sabine Salzmann
Ein Sammeltaxi brachte sie vor Jahren zum ersten Mal nach Österreich. „Der Fahrer hat uns reguläre Arbeit versprochen“, erzählt Doru. Er ist eine sympathische Erscheinung, eine Kämpfernatur. Es kam damals anders. Seine Frau Mihaela und er landeten auf der Straße, sich selbst überlassen und mittellos nur mit ein paar Decken. „Ich habe gleich geweint“, sagt die Frau mit gebrochener Stimme. Und Doru erinnert sich an diese erste Nacht, als Träume von einem besseren Leben platzten: „Es war schon richtig herbstlich damals.“ Jemand warf ihnen 8 Euro zu. Es war ihr erstes Geld. Bis ein anderer Passant eine Schlägerei mit Doru anfangen wollte. Die Gesetze der Straße sind hart.
Ein Leben auf der Straße
Die Geschichte von Doru und Mihaela zählt zu jenen, die tief unter die Haut gehen. „Es fiel ihnen schwer zu betteln“, übersetzt die Dolmetscherin. Sie versuchten Jobs zu bekommen, scheiterten ohne fixe Adresse aber. Es sei schwierig gewesen, sich in der geordneten neuen Stadt zurechtzufinden. Einen festen Wohnsitz haben die beiden bis heute nicht. Die Straße ist ihnen meist lieber als die Notunterkunft, wo der Umgang unter den Gestrandeten – viele davon sind ihre Landsleute – rau ist. Und Doru ergänzt, dass er sogar einen mobilen Gaskocher habe. Wo immer es möglich ist, heizt er an. Und dann beginnen seine Augen zu leuchten: Er habe als eines von zwölf Geschwistern in der Kindheit seiner Mutter stundenlang beim Kochen zugesehen. „Heute bin ich der Koch“, lacht Doru, auch ein wenig stolz. Hätte es das Leben mit ihm besser gemeint, wäre er in dem Beruf wohl richtig gut geworden. Zu seinen Leibspeisen gehört Ciorba, eine deftige rumänische Gemüsesuppe mit Fleisch. Oder es wird die Essensausgabe im Haus Elisabeth der Caritas zum Zufluchtsort. Auch Duschgelegenheiten oder Kleiderspenden helfen dort durch den schwierigen Alltag der Gestrandeten.
Mittlerweile kommt das Paar seit Jahren immer wieder nach Salzburg. Doru-Vasile und Mihaela fliehen regelmäßig vor der völligen Perspektivenlosigkeit in ihrer Heimat. Eine bescheidene Lehmhütte ist ihr Zuhause – rund 1.000 Kilometer von Salzburg entfernt. Die drei Kinder (22, 19 und 15) und fünf Enkelkinder schlagen sich in Rumänien durch. Auch die Jüngste erwartet schon ein Baby. „Das ist viel zu früh“, sagt Mihaela traurig. Es sei schwierig,...