
Erste Hilfe für die Unsichtbaren
In der Virgilambulanz kostet ärztliche Hilfe auch für nicht versicherte Menschen nichts. Menschen in Not erhalten dort seit Anfang August medizinische, pflegerische und soziale Versorgung. Wir waren zum Lokalaugenschein in Salzburg-Parsch.
von Sandra Bernhofer
An der linken Flanke des Albertus-Magnus-Hauses führt ein Weg hinunter, dorthin, wo früher die Küche des Seniorenheims untergebracht war. Drei Behandlungsräume, ein Labor, ein Raum für vertrauliche Gespräche mit einer Sozialarbeiterin und ein Sanitärbereich mit Duschmöglichkeiten und Kleiderkammer sind hier entstanden. Diese neue Einrichtung der Caritas Salzburg heißt Virgilambulanz und ist vergleichbar mit einer regulären Kassenarztpraxis. Mit dem kleinen Unterschied, dass sie sich speziell an Menschen ohne Sozialversicherung richtet. Auch wenn die Ambulanz offiziell am Monatsersten eröffnet hat, ist es Anfang August noch recht still hier. Ein Bild hängt einsam an der Wand über den sechs Sesseln im Wartebereich. Grüner Linoleumboden, weiße Wände, klinisch-saubere Möbel. Alles ist barrierefrei, durchdacht und funktional – bereit für die Menschen, die die Schwelle im öffentlichen Gesundheitssystem nicht überwinden können.
Bis die Klinik jedoch wirklich zum Leben erwacht, braucht es mehr als Räume und Ausstattung. Netzwerkarbeit ist gefragt. „Wir stehen aktuell in engem Austausch mit dem Roten Kreuz, klären ab, wie es uns bei Akutfällen unterstützen kann, schauen, dass Rettungstransporte übernommen werden“, erklärt der ärztliche Leiter der Ambulanz, Winfried Köhler. „Gleichzeitig sind wir auf der Suche nach Fachärzt:innen – etwa Gynäkolog:innen –, die ehrenamtlich einmal im Monat aushelfen, damit wir das medizinische Angebot abrunden können. Und wir müssen eine einheitliche Linie im Team entwickeln, zum Beispiel im Umgang mit Suchterkrankten, und entscheiden, ob wir Impfungen anbieten werden.“ Seit zwei Wochen läuft hier die Arbeit hinter den Kulissen auf Hochtouren. „Der Aufbau ist die eigentliche Herausforderung“, erzählt die Leiterin der Ambulanz, Tanja Steffen und gewährt einen Blick in den Medikamentenschrank, in dem erst wenige Fächer mit Schachteln und Fläschchen gefüllt sind – eine Spende der Apotheke im Viertel.
In Österreich leben geschätzt 27.000 Menschen, die aus verschiedensten Gründen nicht krankenversichert sind – eine Zahl, die die Einwohnerzahl von Hallein um etwa ein Viertel übertrifft. Das heißt: Diese Menschen können nur im medizinischen Notfall in Spitälern behandelt werden. Die Kosten, die dafür anfallen, müssen in der Regel abgeschrieben werden, da die Patient:innen die Rechnungen nicht bezahlen können. Die Virgilambulanz setzt früher an, nämlich bei der Gesundheitsvorsorge. Ärztliche Hilfe kostet hier auch für nicht versicherte Menschen nichts. Von dem neuen Angebot sollen primär die schätzungsweise 500 obdachlosen und wohnungslosen Menschen, die in Salzburg leben,...