Von Tag zu Tag
von Anna Weidenholzer
Eine Katze, meint Thaddeus Amadi gegen Ende unseres Gesprächs mit einem Lächeln im Gesicht, eine Katze könne er sich später einmal gut vorstellen. Das ist der erste Satz, der mir einfällt, als ich an die Begegnung mit ihm zurückdenke. Nicht, weil Katzen grundsätzlich eine kluge Haustierwahl sind, sondern weil dieser Satz eines enthält: Zukunft. Eigentlich sei er mehr der Typ, der von Tag zu Tag denke, sagt Thaddeus Amadi über sich. Und doch kreist unser Gespräch immer wieder um eine Zukunft, die alles andere als vage ist.
An einem Dienstagvormittag sitzen wir im Hotel Auersperg mit Blick auf einen Garten, der an Idyll kaum zu überbieten ist, schauen auf die Trauerweide, den Springbrunnen, die Amseln, die über die Wiese hüpfen. Es regnet. Über das Wetter sprechen wir nicht, auch nicht über den Schnee, der in den Tagen zuvor gefallen ist. Thaddeus Amadi kommt aus Nigeria, es ist sein erster Winter mit Schnee. Er ist gerade von der Uni hergegangen, seine durchnässte Jacke trocknet am Sessel hinter ihm. Seit März lebt er in Salzburg, um an der Paris-Lodron-Universität seinen Masterabschluss in Political Science zu machen. Wer eine Weile mit ihm spricht, versteht schnell, warum er diesen Studiengang gewählt hat. Korruption, Leadership, die Frage, wie gute Führung einer Gemeinschaft nutzen kann, das sind Themen, die ihn bewegen.
Um sein Studium zu finanzieren, arbeitet Thaddeus Amadi im Housekeeping eines Salzburger Hotels. Zwei Tage pro Woche verbringt er an der Uni. Und wenn dann noch Zeit ist, setzt er sich in den Zug und fährt nach Zell am See, um Apropos zu verkaufen. Zumindest einen Tag pro Woche steht er dort vor einer Billa-Filiale. Anfangs sei es ihm nicht leichtgefallen, die Leute hätten ihn nicht gekannt, er habe erst Vertrauen aufbauen müssen. „Ich habe sie gegrüßt, bis sie sich an mich gewöhnt haben.“ Nach und nach seien die Menschen aufgetaut, hätten begonnen, ihm Fragen zu stellen. Wie heißt du, woher kommst du, wie ist das Leben in Salzburg, solche Sachen. Manche hätten ihm sogar angeboten, mit ihm Deutsch zu lernen. „Das sind gute Leute. Ich habe viel Gutes erfahren“, sagt er.
Für Thaddeus Amadi sind diese Begegnungen mehr als nur ein Geschäft. Viele Menschen kaufen nicht nur die Zeitung, sondern teilen auch Geschichten aus ihrem Leben. Diese Begegnungen schätzt er sehr, das Zwischenmenschliche, das dabei entsteht. Ein bisschen fühle er sich deshalb in Zell am See wie in dem Ort, aus...