
Zum Studieren in der Stadt
von Katharina Kiening.
Bei allem, was Ben – eigentlich Obinna Obika – erzählt, wird schnell klar: Für ihn stehen stets das Menschliche, das Miteinander und Füreinander im Mittelpunkt. Nach gut einer Stunde unseres Gesprächs nickt er zustimmend zu meiner zusammenfassenden Beobachtung, dass das Aufbauen und Pflegen von Beziehungen, außerdem das Verständnis für andere Menschen bei ihm einen hohen Stellenwert einnehmen. Er fasst es in einem Satz zusammen: „Human relationships are everything to me.“ Aber der Reihe nach.
Ben lebt seit einigen Monaten in Österreich. Für das Studium der Politikwissenschaft an der Paris-Lodron-Universität in Salzburg ist er gemeinsam mit seiner Frau aus der nigerianischen Metropole Lagos in die Landeshauptstadt gezogen. Lagos – eine pulsierende Stadt mit über 20 Millionen Einwohner:innen, laut, geschäftig, immer in Bewegung – steht in starkem Kontrast zu Salzburg, das mit 160.000 Einwohner:innen deutlich überschaubarer ist. Ben weiß diese andere, ruhigere Atmosphäre zu schätzen, die Natur, die er spaziergehend oder fahrradfahrend erkundet, die Stille, die ihm hilft, zu reflektieren und Gedanken zu ordnen.
Unser Gespräch führen wir auf Englisch. Deutsch lernt Ben parallel im Rahmen seines Studiums und erweitert damit seine ohnehin schon vielseitigen Sprachkenntnisse. Neben Englisch beherrscht er auch Französisch sowie Igbo, Hausa und Yoruba, drei der bedeutendsten Landessprachen Nigerias.
Seinen Lebensunterhalt bessert er mit dem Verkauf der Straßenzeitung Apropos auf. Gerade der Kontakt zu den Menschen gefällt ihm daran: die unterschiedlichen Begegnungen, die Gespräche, die sich spontan ergeben, die Freundschaften, die sich daraus entwickeln. Auch durch seinen Fußballenthusiasmus und dadurch, dass er wöchentlich mit anderen spielend auf dem Platz steht, haben sich in kürzester Zeit Kontakte ergeben, die er als wertvoll empfindet.
Warum eigentlich Politikwissenschaft? Das war schon immer eine Leidenschaft, meint Ben. Bereits an der University of Nigeria hat er Politikwissenschaft im Bachelor studiert. Dass er nun in Salzburg weiterstudieren und weiterlernen kann, empfindet er als große Chance. Besonders interessieren ihn dabei Themen wie Klimawandel und Klimapolitik. Bereiche, die, so sagt er, in Nigeria nur selten diskutiert werden, in Österreich aber einen hohen Stellenwert einnehmen, für ihn eine interessante Erkenntnis. Ein weiterer Unterschied, der ihm auffällt, ist der Fokus des Lehrmaterials auf die Europäische Union. Auch das sieht er als spannende Gelegenheit, seinen Horizont zu erweitern und neues Wissen zu erwerben.
Noch etwa eineinhalb Jahre wird Ben Kurse besuchen und Prüfungen absolvieren, bis er seinen Master in der Tasche hat. Und dann? Für ihn steht fest: „When knowledge is gained but not applied, then...