
Zwischen zwei Welten
von Ulli Hammerl
Die große Flüchtlingskrise 2015. An die 2 Millionen Menschen machen sich unter teils schwierigsten Bedingungen auf nach Europa, um in der EU eine neue, sichere Bleibe zu finden. Auch in Salzburg bleiben viele hängen, die eigens errichteten Unterkünfte sind überfüllt, aber zumindest sind die Geflüchteten hier in Sicherheit. Gestrandet in einem Land, dessen Sprache sie nicht sprechen, dessen Kultur ihnen fremd ist, einzig die Hoffnung auf ein besseres Leben besteht. Diese Menschen haben oft alles verloren: ihr Zuhause, ihre Familie. Die inneren Wunden, die Narben auf der Seele sind tief.
Hiketides, benannt nach den „Schutzbefohlenen“ aus der griechischen Mythologie sowie dem gleichnamigen Theatertext von Elfriede Jelinek, bietet geflüchteten und migrierten Menschen psychotherapeutische Hilfe. Kultursensibel, mehrsprachig, niederschwellig. Viele kommen das erste Mal zu Hiketides, ohne zu wissen, was Psychotherapie überhaupt ist. Dabei geht es zunächst darum, Menschen einen sicheren Raum zu geben, wo sie gehört und ihre Probleme, Ängste und Sorgen ernst genommen werden. Sich zu öffnen und sich einzugestehen, dass man Hilfe annehmen darf, ist ein schwieriger Schritt. Mit viel Feingefühl und Verständnis gehen die derzeit 25 Therapeut:innen und elf Dolmetscher:innen von Hiketides auf ihre Schützlinge ein. Gerade den Dolmetscher:innen kommt eine besondere Bedeutung zu, sprechen sie doch nicht nur die Sprache der Klient:innen, sondern wissen auch um deren kulturellen Hintergrund. So zu übersetzen, dass die Aussagen wechselseitig richtig ankommen, ist ein Balanceakt. Im wahrsten Sinn des Wortes fehlen hier manchmal die Worte.
Gerade für Menschen, die traumatische Erfahrungen gemacht haben, ist es nicht leicht, Grundvertrauen wiederherzustellen. Haben die Hilfesuchenden erst Vertrauen gefasst, machen deren Lebensgeschichten betroffen.
Wenn eine Frau vor sexueller Gewalt in ihrem Heimatland geflüchtet ist und von sexuellen Übergriffen während ihrer Flucht und vom Bedrohungsgefühl in ihrer Unterkunft berichtet.
Wenn ein Mann Angst davor hat, seine eigenen aggressiven Impulse nicht beherrschen zu können, weil er noch nie etwas anderes als Krieg erlebt hat und nicht weiß, wie man Konflikte gewaltfrei lösen kann.