
Philosophie ist eine Art, Existenz zu bewältigen
Mit philosophischen Fragestellungen zur Lösung aktueller Probleme beitragen – das ist das Anliegen der in Wien lebenden Philosophin und Künstlerin Lisz Hirn. In ihren Projekten im In- und Ausland macht sie Kunst und Philosophie im Alltag sichtbar und fördert den Dialog in einer globalisierten Welt. Wie das genau geht und was einen erwartet, wenn man sie in ihrer philosophischen Praxis aufsucht, erzählt Lisz Hirn im Apropos-Titelinterview.
Titelinterview mit Philosophin Lisz Hirn
von Monika Pink
Was bedeutet für Sie Zuversicht?
Lisz Hirn: Ich sehe Zuversicht als eine zutiefst menschliche Haltung an. Ist man zuversichtlich, dass sich etwas zum Besseren wenden kann, heißt es noch lange nicht, dass alles gut werden muss. Aber man hat eine gewisse Haltung, die besagt: Man kann etwas tun, um es zu beeinflussen, und es kann auch gut werden. Ohne die überspitzte Hoffnung, dass uns irgendetwas retten wird oder ein Wunder eintreten wird. Sondern als etwas, was wir selber als Menschen machen müssen.
Ist diese Beeinflussungsmöglichkeit oder das Etwas-tun-Können also entscheidend?
Lisz Hirn: Ja, und wenn die Beeinflussungsmöglichkeit nur darin liegt, dass ich meine Haltung zu etwas verändern kann. Das klingt ein bisschen nach diesen antiken Philosophenschulen wie die Stoa, die sagen: Äußere Umstände wie Tod kannst du nicht beeinflussen, aber deine Haltung dazu. Auch wenn es auf lange Sicht dem Ende zugeht, gibt es davor Handlungsmöglichkeiten, dass wir möglichst alle ein gutes Leben haben oder dass wir gewisse Werte wie Gerechtigkeit hochhalten. Das liegt ein Stück weit in unserer Hand.
Kann ich nicht auch auf ein gutes Leben hoffen?
Lisz Hirn: Ich finde, Hoffnung ist ein sehr ambivalenter Begriff. In der Hoffnung liegt auch immer gleich die Enttäuschung, nämlich: Was ist, wenn sich diese Hoffnung nicht erfüllt? Denken wir an eine sehr schwierige finanzielle Situation, wo man hofft, mit dem nächsten Lottospiel rauszukommen. Hoffnung ist für mich so ein diffuses Aufflammen, so in die Richtung: „Ich möchte es jetzt auch glauben.“ Natürlich kann so etwas eintreten, aber sehr wahrscheinlich ist es nicht. Ich bin bei Hoffnungen immer sehr skeptisch.
Erleben zuversichtliche Menschen keine Enttäuschungen?
Lisz Hirn: Bei Zuversicht ist die Enttäuschung nicht so nahe, weil sich an der Haltung nichts ändert. Zuversichtlich sein, dass alles gut werden kann, heißt ja nicht, dass ich nicht auf dem Weg dorthin auch Rückschläge einstecken muss oder dass keine Sachen passieren, die es mir schwerer machen. Zuversicht in mich selbst zu haben, beispielsweise eine Prüfung zu meistern oder...